Klaus Wittmann, Untergrund Urgestein und Zuträger dieses Blogs hat ein Buch geschrieben. Die Thematik passt prima hierher, daher darf auch die Beschreibung und Kaufempfehlung durch den Autor folgen:
Zeittotschläger
Teenage, Punk, Postpunk, New Wave
und die Gleichzeitigkeit des realen Lebens.
Ausgangspunkt: Raum Aachen
Trickbeat, Sozialmafia, Play for Roses, Parkhaushänker, Hervé & kilowatt, Moriticians, Seltsame Zustände, Turquoise Casket, Bierfront, P 5, Hauptquartier usw.
Ein kenntnisreicher Roman, bei dem Wahrheit und Dichtung Hand in Hand gehen.
. Buch-Neuerscheinung
. Titel: Zeittotschläger
. Autor. Klaus Wittmann
. Format: pdf-Datei, ca. 2,2 MB (ca. 300 Druckseiten).
. Preis: 16,90 Euro
. Bezug: zeittotschlaeger@freenet.de
. Exposé / Klappentext.
Wie sieht ein Leben aus, wenn es auf den Popkosmos reduziert wird?
Morrissey: „Ich glaube, Musik kontrolliert ganz massiv das Leben der meisten Menschen. Jeder hat doch eine Platte, die ihn ernsthaft sein ganzes Leben überprüfen lässt. Als ich jünger war, hat mich Musik komplett geprägt. Und in England ist es ganz bestimmt so, gerade in den kleineren Provinzstädten. Die Leute haben dort nichts außer der Musik, das ist ihr ganzes Leben.“
„Wir waren Zeittotschläger, wegen Camp Sophisto und Annette, und die Freiheit war die Freiheit, die Nächte um die Ohren zu schlagen. Wir waren glücklich. Aber es reichte nicht immer.“
Zeittotschläger – aus den Kriegstagesbüchern.
Es geht um Popmusik, wie sie Leben beeinflusst und manchmal, wie sich Musik und Leben gegenseitig bedingen. Von 1978 über 2005 in die Zukunft, von den Bay City Rollers zu Spearmint, von Queen zu Pulp, von Birth Control zu den Melvins, von den Slits zu Erase Errata. Ein kenntnisreicher Bericht über Punk und die Folgen. Und über die Suche nach dem perfekten Popsong, die schließlich ganz unerwartet in einer kleinen miesen Spelunke mit Erfolg bedacht wurde.
Gleichzeitig geht es um erwachsen werden und erwachsen sein in der Popkultur. Um die Widersprüche zwischen dem Dasein im Bürgerlichen und im Underground. Über Freundschaften, meistens oberflächlichen, vorübergehenden, aber auch längeren und lebenslänglichen und wieder über Musik, die funktioniert, weil sie Freundschaften definiert und schließt. Nebenbei wird die These bestätigt, dass Jungs auf Konzerten
keine Mädchen kennenlernen. Widersprüche und offene Stellen werden nicht ausgeschlossen. Wie im wahren Leben
Und so erfahren wir, warum „Monarchie und Alltag“ und „Heaven up Here“ die besten Pop-LPs aller Zeiten sind, warum ein Punk für den Staat freiwillig arbeiten kann, dass John Peel der einzige der Welt war, und warum Popmusik glücklich macht, zumindest grundsätzlich. Zumindest Kai Wiedemann, neben der Pop-Musik die Hauptperson dieses Buches.
. Auszug.
1985
kam die Zeit, in der die Wochentage zu Wochenenden wurden und das Leben voranpfeilte. Die Nächte in den Clubs, frühmorgens um drei im Rauchschweiß alles klar sehen, alles durchschauen im Schwarz Violett Weiß des lautlos zeitlos fließenden Lichtlichts, dass es still war, das Medium Musik den Raum und das Dasein halluzinativ erweiterte. There is no Shuffle.
1985 handelte nur von Klarheit. Die Klarheit zu wissen, was man nicht braucht: kruschpelndes Menscheln, siehe Öko, siehe Gesprächskreise, vergleiche Gitarre am Lagerfeuer. Was ich von der Uni zu halten hatte, wusste ich auch schon: Während der 13 Semester war ich nur auf ziemlich genau ein bis zwei Unifeten, eine davon die Erstsemesterfete im Oktober 1984. Da stand der junge Student auf dem Balkon des Ché-Hauses, die Krawatte flatterte kühn im Wind und der Altsemesterbart, der ihn ansprach, verstand überhaupt nichts, als er fragte, ob er sich nicht einer kleinen Gruppe anschließen wollte, man habe gerade so viel Spaß im dialektischen Infinitiv. There is no rest for the wicked one. Der Feind ist nicht das falsche Deutsch, sondern das falsche Denken. Ich verließ den Ort, hinter mir alles kaputtverlassend, wegfliehen vor dem Vorhersehbaren & Vergänglichen, der Deutsch- und Dummheit. Folglich sah mich die Uni nur zu Pflichtveranstaltungen, Diskutieren war mir zuwider, ich wollte einfach machen. Städte planen übrigens. Create the room in which you do it.
Außerdem war mein Spieltrieb doch ausgeprägter als mein Hang zum alltäglichen Masochismus, die Einsamkeit musste endgültig sein, ebenso wie die Ewigkeit, das Bier. Hin zu weißen Blättern, zu Gedankenmanuskripten, um 4 Uhr morgens hirnmasturbierend in einer Präzisierungslawinenwut runtergestanzt und bereits nach ermattendem Schlaf einschließlich tuffsteinernem Knurpsen im Schädel in der Morgendämmerung nur noch unverständlich. Tough town / cruel touch: Sonic Youth, geboren aus Glenn Branca’s Gitarrenmanifisten, gaben den kommenden Jahren eine Melodie, also einen Halt.
So wurde ich zu einem Gänger der Nachtstädte, wo sich Menschenskinder trafen, die noch nicht zu sich selbst gefunden hatten, dies aber nicht wussten. Die anders sein wollten, aber auf die Gelegenheit warteten, auszusteigen oder die dies niemals wollten oder niemals konnten.
Sie waren einsam. Aber die Musik war Laibach Neubauten Nick Cave Birthday Party Pogues Jesus and Mary Chain Front 242 Neon Judgement Sonic Youth und wieder neu The Cure, die damals gerade so wirres überdrehtes Hitzeugs hatten und den ’87-Durchbruch einleiteten. Und ganz viel Bone Orchard, am besten drei Mal täglich. Leben ohne Musik? Barbarei, Kälte, Tod. Die Musik, wie wunderbar! Die Tänze, wild+würdig, hochgeschossen und seelenbrennend leidend, die Gespräche im Bier vom Ausdruck leer+gut wie eine sinnentleerte mathematische Formel, allen Argumentationen gegenüber erhaben. Den Beweis trat niemand an. Kam jemand
hinzu, brachen die Gespräche ab, entwickelten sich neu. Wer sich nicht begeistern konnte für Fleshtones Cramps Alemannia Degraa Mädchen Pop, war dümmer, als er tat. Das kleinkleine irdische Dasein wurde vergessen gemacht, das Mittelmaß überschritten. Sie lasen die Prawda. Sich jederzeit der letzten 4000 Jahre Menschheitsgeschichte bewusst sein! Jede Nacht, jede neue tolle Platte brachte sie weiter. Die bunten Variationen der PostPunkära.
/ Und niemals schlafen / alles lügen / staubiges Vergnügen / Telefon! Zieh! /
Vormittags war der Schlaf so Kein Schlaf, aber ein eigentliches Umspültwerden von Knochen + trockenem Sekt, der die Chemie aus den Nervenporen drückte. Alles durchzogen vom Haargel der Nacht zuvor.
Wir gingen ins P 5. Ins Aachener „Batcave“ brachen die bunten Variationen der neuen Ära auf und fanden Heimat: Blitz-Kids, Prolls, bleichgesichtige Napalmblondinen, Bohemians, Njupunx, Schwarzkittel und all die anderen, die noch nicht wussten, dass es sie morgen nicht mehr geben würde. Wir gingen jeden Freitag, jeden Samstag und manchmal zwischendurch – nach 23 Uhr, denn vorher war „nichts los“, bis 2 Uhr, bis 3 Uhr, bis 4 Uhr. Von außen war der Laden völlig unscheinbar, nur eine schwarze Tür mit einem verspiegelten Rundfenster zwischen innerstädtischen Schaufenstern der 1b-Lage, einem Juwelier und einem Modegeschäft. Kein Schriftzug. Nur die Hausnummer: „5“. Peterstraße 5. Nichts ist ohne Geheimnis. Hinter der Tür bewachte meistens Noppi einen nachtblauen, langen, schmalen und niedrigen Gang, der eine rechtswindende Treppe in den Keller hinunterführte. Fluchtweg Fehlanzeige – im Brandfall wäre jeder einzelne Silberfisch erstickt. Links eine „Garderobe“, dahinter ein Raum in Form eines Boomerangs: Rechts der Tresen und die Toiletten, links die Tanzfläche, dazwischen die Turntables. Größe: Vielleicht 100 m²? Die Wände waren nicht verspiegelt, teilweise schwarz. Das Bier kam merkwürdiger Weise aus dem Elsass. In Aachen war es nur hier erhältlich, unterstrich das Ungepasste und wurde aus Flaschen getrunken. Wir standen und tranken ohne Trinkzwang die Biere in den Bauch. Wir schwiegen viel und schauten den anderen zu, wie sie uns zuschauten. Wenn wir tanzten, dann zeigten wir das eigene Leiden am Zustand der Welt und des Ichs. Wenn wir redeten, dann laut und mit großen Gesten, über Platten, Bands, Konzerte und Mädchen. Wir waren Zeittotschläger, wegen Camp Sophisto und Annette, und die Freiheit war die Freiheit, die Nächte um die Ohren zu schlagen. Wir waren glücklich. Aber es reichte nicht immer.
. Unter anderem spielen mit:
Eschweiler (aka Indestadt), Aachen, Übach-Palenberg, Köln, Bochum, Hanau, Hamburg, Echo and the Bunnymen, Fehlfarben, Sonic Youth, Blumfeld, Birthday Party, Coil, Big Black, Smiths, The Fall, Spearmint, Art Brut, Erase Errata, DAF, SPK, Melvins, Altered Images, Abwärts, And also the Trees, Foyer des Arts, Malaria, Gang of 4, Yo la Tengo, Associates, Nick Cave & the Bad Seeds, Cocteau Twins, Mighty Lemon Drops, Godfathers, Lydia Lunch, Ideal, My Bloody Valentine, I ludricous, Throw that Beat in the Garbagecan, Sugarcubes, Nirvana, Die Toten Hosen, Heaven 17, Au Pairs, Jesus and Mary Chain, Walkabouts, Joy Divsion, Nichts, Something to Burn, Specials, Strokes, Cabaret Voltaire, Marc Almond, Family 5, Die Goldenen Zitronen, Max Goldt, Laibach, Neon Judgement, Morticians, John Peel, Cassettentäter, Hervé & kilowatt (aka Die Klobürstenköppe), Die Parkhaushänker, Seltsame Zustände, Trickbeat (aka Kickbeat), Play for Roses, Egotrip, Sozialmafia, Turquoise Casket, Graf Haufen, Bierfront, Purer Spaß (aka Der Springende Punk), Klenkes, Hauptquartier, P5, Luxor, Rose Club, Metropol, Ritz, Fabrik, Audimax, Pandora’s Box, Pinkpop, Hurricane, Spuugh, Ku-Ba, Zeche, Markthalle, Große Freiheit, Logo, usw. usf.
. Setlist
0 Zappen: Geschichten der Matchbox-Generation
I (It’s the Beginning of a) New Age
II Welcome to the Eighties / Nineties
III If the Kids are united
IV Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein
V Neue Zähne für meinen Bruder und für mich
VI I live in Siberia / through no Fault of my own
VII Country Girl became Sex Drug Punk Squatter
VIII Wir bauen eine neue Stadt
IX Simple Stuff
X Die Rückkehr des gigantischen Sommerhits
XI Here comes another Winter
XII Over the Wall (Liebe ist möglich)
XIII Hamburg
XIV Retro
XV Auslaufrillen
. Gibt es den Roman auch gedruckt?
Das Manuskript stand kurz vor der Veröffentlichung als gebundenes Buch. Das Lektorat war abgeschlossen. Aufgrund von Bedenken der Verlagsleitung gegen einige Passagen wurde die Veröffentlichung gestoppt.
. Recht haben.
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Karl, bist du am e-mail erreichbar?
Kommentar von Matas — 13. November 2014 @ 12:59 pm
[…] unseres Lesers kilowatt (Klaus Wittmann) hier ein frischer Scan der wohl letzten, 1982 erschienenen Nummer des legendären […]
Pingback von GOLD EXTRA Nr. 8 | Aachener Untergrund Kultur — 3. Oktober 2021 @ 8:35 pm
[…] steht bekanntlich unser Blog-Mitarbeiter Klaus Wittmann, dessen 80er Jahre-Erinnerungs-Ebook Zeittotschläger wir hier nochmals wärmstens empfehlen. Auch die Entstehungsgeschichte dieser Cassette wird darin […]
Pingback von Hervé & KiloWatt, Liebe ist: wenn man andere mitmachen läßt | Aachener Untergrund Kultur — 3. Oktober 2021 @ 9:28 pm